November 2023

Diversity erleben: Perspektiven-wechsel beim Rollstuhltennis

Wer sich als Führungskraft weiterentwickeln möchte, sollte gedanklich stets in Bewegung bleiben. Dazu gehört auch die Bereitschaft, sich für die Perspektiven seiner Mitarbeitenden und Mitmenschen im Allgemeinen zu öffnen. Empathie und Einfühlungsvermögen sind meines Erachtens nämlich eine elementare Fähigkeit, um Menschen sinnstiftend anzuleiten.

Ich hatte unlängst Gelegenheit, Körper und Geist gleichzeitig herauszufordern. Zusätzlich zu einem für mich ganz neuen sportlichen Erlebnis habe ich noch spannende Blickwinkel auf Diversity, Equity and Inclusion (DE&I) mitgenommen. Und dass diese Trias für ein zeitgemäßes Führungsverständnis essenziell ist, versteht sich von selbst. Und so viel vorweg: Diese Erfahrung hat mir erneut vor Augen geführt, wie wichtig es ist, die Welt oder zumindest Ausschnitte davon gelegentlich aus der Perspektive anderer Menschen zu betrachten.

Aufwärmen: Meine erste Tennis-Erfahrung

Neulich hatte ich erstmals die Chance, Rollstuhltennis auszuprobieren. Das war für mich in mehrfacher Hinsicht eine ganz neue Erfahrung – Tennis ohne Rollstuhl hatte ich vorher nämlich auch noch nie gespielt. Also am besten gut aufwärmen und es auf einen Versuch ankommen lassen, dachte ich mir. Wenn Sport, mentale sowie körperliche Fitness und neue Perspektiven auf DE&I zusammenkommen, muss es eine lohnende Erfahrung sein. Und zwar für mein Führungsverständnis wie für meine persönliche Weiterentwicklung.

Matchpoint: Sportliche Herausforderung Rollstuhltennis

Als Anfängerin im weißen Sport hatte ich mir mit Rollstuhltennis gleich eine besonders herausfordernde Variante herausgepickt. Anders als beim Spiel ohne Rollstuhl hat man die Hände ja nicht konstant für den Schläger frei, sondern muss zunächst einmal den Rollstuhl in Bewegung halten. Reaktionsgeschwindigkeit und Tempo spielen also eine besonders große Rolle.

Meine erste Tennis-Erfahrung überhaupt war daher ganz schön kniffelig: Ich konnte mich nicht so schnell bewegen wie gewohnt und musste noch dazu den Ball im Auge und den Schläger im richtigen Moment im Griff behalten. Ob ein großes Tennis-Talent in mir schlummert, sei dahingestellt. Aber auf jeden Fall war es eine bereichernde Erfahrung, die mir großen Spaß gemacht hat.

Cool down: Meine Erkenntnisse nach dem Sport

Neben dem sportlichen Aspekt habe ich beim Rollstuhltennis sehr kompakt einen Eindruck davon bekommen, welche koordinative Leistung es bedeutet, sich überhaupt im Rollstuhl fortzubewegen. Und dann auch noch schnell hinter einem kleinen Ball her!

Natürlich kann man nach einer Sporteinheit im Rollstuhl nicht für sich in Anspruch nehmen, vollumfängliche Einblicke in das Leben von Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen zu haben. Sich aber für eine solche neue Erfahrung zu öffnen, weitet bei einer Führungskraft den Blick für andere Menschen und ihre Lebensrealitäten.

Diversity als gängigstes Schlagwort des Dreierbundes DE&I wird gerade im Berufsleben häufig mit Blick auf Hautfarbe, Alter oder Geschlecht verwendet. Daran ist auch nichts verkehrt, ganz im Gegenteil, doch es gibt mehr Facetten als diese. Menschen mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen müssen gedanklich einen ebenso hohen Stellenwert erhalten.

Gute Führung heißt, sich für andere Lebensrealitäten zu öffnen

Und genau da liegt aus meiner Sicht die Verantwortung einer guten Führungskraft: Stets offen zu sein für neue Perspektiven auf das Leben und die Arbeitswelt anderer. Sich soweit als möglich in sie hineinversetzen zu können, insbesondere wenn sich ihre Lebensrealitäten von der eigenen unterscheiden mögen. Den Blick zu weiten für die Herausforderungen, mit denen Menschen in anderen Lebenssituationen im Beruf konfrontiert sein können.

In meinem Team hatte ich bereits Mitarbeitende mit unterschiedlichen körperlichen Einschränkungen. Sie nicht gleich, sondern vielmehr gleichwertig zu behandeln, ist dabei selbstverständlich. Wer Diversity, Equity and Inclusion als Führungsaufgabe auffasst, sollte mit offenem Geist und bereit für neue Erfahrungen an die Sache herangehen. Und wenn eine Runde Rollstuhltennis das Richtige ist, um einen Eindruck vom Leben anderer Menschen zu vermitteln, dann ist die Zeit gut investiert.